Sonderzahlung: Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Sonderzahlung (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) am Beispiel von Ärzten, Zahnärzten, Apotheken
Häufig leistet der Arbeitgeber zum Ende des Jahres eine Sonderzahlung, zum Beispiel die Weihnachtsgeldzahlung im November oder Dezember. Wir wollen das Thema Sonderzahlung und häufig auftretende Fragen rund um Sonderzahlungen anhand der Fälle für Ärzte, Zahnärzte und Apotheken besprechen.
Was sind überhaupt Sonderzahlungen und welche Beispiele gibt es dafür?
Der Oberbegriff ist Sonderzahlung. Aber es handelt sich häufig, z.B. um Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder das dreizehnte Monatsgehalt. Es können auch Gewinnanteile oder Boni sein d. h. Zahlungen, die der Arbeitgeber verspricht um seine Mitarbeiter/Innen zu motivieren oder auch für eine Betriebstreue zu belohnen.
Gibt es eine gesetzliche Grundlage für eine Sonderzahlung?
Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die dem Arbeitnehmer das Recht gibt, eine Sonderzahlung zu fordern oder die den Arbeitgeber verpflichtet eine solche zu zahlen. Ohne eine besondere Rechtsgrundlage gibt es also überhaupt keinen Anspruch auf Sonderzahlungen.
Woraus könnte sich sonst noch eine Rechtsgrundlage für eine Sonderzahlung ergeben?
Es müssen verschiedene Rechtsgrundlagen berücksichtigt werden, die einen Anspruch für eine Sonder-zahlung geben könnten. Häufig werden Sonderzahlungen in Tarifverträgen geregelt. Die maßgebliche Rechtsgrundlage ist häufig der Arbeitsvertrag oder eine sogenannte betriebliche Übung, mit der der Arbeitgeber zum üblichen Arbeitsgehalt eine zusätzliche Leistung/Sache belohnen will, z. B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder allen Mitarbeitern Urlaubs– oder Weihnachtsgeld verspricht. Es gibt aber auch noch eine Rechtsgrundlage aus dem Gleichheitsgrundsatz, der bedeutet, dass der Arbeitgeber normalerweise nicht nur einen Mitarbeiter/In „belohnen“ kann, sondern alle Mitarbeiter/Innen dies einfordern können, soweit sie die Voraussetzungen erfüllen.
Sind Ärzte, Zahnärzte, Apotheker überhaupt an einen Tarifvertrag wegen der Sonderzahlung gebunden?
Tarifvertrag Apotheken
Nein, eine echte und unmittelbare Bindung an die Tarifverträge für Apotheken läge nur vor, wenn z.B. der Apotheker als Arbeitgeber selbst oder über seinen Landesapothekerverband Mitglied in der ADA ist, also im Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) und der Mitarbeiter wäre Mitglied in der Adexa. Das ist die Gewerkschaft für den angestellten Mitarbeiter/In in Apothekenbetrieben. Dann gäbe es eine unmittelbare Bindung an den Tarifvertrag. Es ist aber die Ausnahme, dass beide Vertragsparteien im Arbeitergeberverband und der Adexa sind.
Tarifvertrag Ärzte, Zahnärzte
Bei den Ärzten/Zahnärzten ist es sogar noch seltener. Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen für die medizinischen oder zahnmedizinischen Fachangestellten. Das ein Arzt Mitglied bei einer der Tarifvertragsparteien ist, ist eine sehr große Ausnahme. Genauso, das auch Mitarbeiter/Innen im Verband medizinischer Fachberufe sind. Das bedeutet, dass es grundsätzlich keine unmittelbare Tarifbindung gibt.
Pflicht zur Sonderzahlung durch Verweis auf Tarifvertrag in Musterarbeitsverträgen
Die Tarifbindung erfolgt aber häufig dadurch, dass Arbeitgeber/Innen Musterarbeitsverträge verwenden. In diesen Musterarbeitsverträgen befindet sich immer wieder ein Verweis. Der Verweis lautet meistens, dass „ergänzend zu dem Arbeitsvertrag gilt die jeweilige gültige Fassung des Tarifvertrages“. Damit wird dann genau das vereinbart, was man vielleicht gar nicht vereinbaren wollte. Dadurch bringt man durch den „Mustervertrag“ unmittelbar den Tarifvertrag zur Anwendung. Die Textpassage wird häufig leider zur Einsparung von Beratungskosten einfach übernommen, ohne ihn an kompetenter Stelle rechtlich überprüfen zu lassen. Bei rechtlicher Beratung hätte man diese, unnötige, möglicherweise teure Regelung nicht verwendet.
Was ist eine betriebliche Übung, die einen Anspruch auf Sonderzahlung geben kann?
Das ist eine Möglichkeit, wie eine Sonderzahlung bindend (verpflichtend) werden kann. Die betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber mindestens drei Mal ohne Vorbehalt eine Sonderzahlung gezahlt hat. Der Arbeitgeber kann das nur verhindern, indem er jedem Arbeitnehmer schriftlich vor oder im Zusammenhang mit der Zahlung der Sonderzahlung ausdrücklich erklärt, dass es eine einmalige Zahlung ist und er diese freiwillig unter bestimmten Voraussetzungen erbringt und sie auch jederzeit wieder beenden kann.
Wie sieht es mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt bei der Sonderzahlung aus?
Achtung! Die Formulierung eines sogenannten Freiwilligkeitsvorbehaltes ist rechtlich äußerst schwierig so genau abzufassen, dass sie auch Bestand hat, wenn sich die Parteien über die Zahlung von Sonderzahlungen streiten sollten. Daher ist unsere immer wieder geäußerte Empfehlung, nicht irgendwelche Musterarbeitsverträge kritiklos zu übernehmen, sondern die Verträge und wenn man einen Freiwilligkeitsvorbehalt gleich im Arbeitsvertrag mit regeln will, diesen juristisch abgesichert formulieren zu lassen. Dann ergibt sich auch ein weiterer Vorteil. Auch wenn nicht zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses eine Sonderzahlung gewährt wird, man auch für den Fall, dass im Laufe des Arbeitsverhältnisses eine Sonderzahlung gewähren möchte, diese rechtssicher auch wieder beendet werden könnte.
Spielt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Sonderzahlung für Ärzte und Apotheken bei Teilzeitkräften, Auszubildenden, Mini-Jobbern (Aushilfen, geringfügig Beschäftigten) eine Rolle?
Jeder Mitarbeiter, also auch der Mitarbeiter in Teilzeit, der Auszubildende oder die Auszubildenden oder die Mini-Jobber (Aushilfen, geringfügig Beschäftigte) haben einen Anspruch auf Sonderzahlung, wenn den Vollzeitbeschäftigten Sonderzahlungen vorbehaltlos gewährt werden. Das ergibt sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, einer möglichen Rechtsgrundlage für eine Sonderzahlung. Aktuell erhalten ca. 50 % aller Mitarbeiter/Innen bundesweit in Arzt-, Zahnarztpraxen oder Apotheken Sonderzahlungen. Dabei erhalten ca. 65 % die Sonderzahlungen aufgrund der Verweisung auf einen Tarifvertrag und die anderen ca. 35 % durch nicht tarifgebundene Verträge.
Häufig treten Fragen zu Minijobbern (sog. geringfügig Beschäftigten, Aushilfen bis zu 538 € monatlich) und der Zahlung einer Sonderzahlung auf. Gibt es Besonderheiten bei den Minijobbern zu beachten und haben diese ein Recht auf Sonderzahlung?
Minijobber haben genauso wie alle anderen Beschäftigten ein Recht auf Sonderzahlung, wenn in der Apotheke oder Zahnarzt- und Arztpraxis Sonderzahlungen geleistet werden. Zu beachten ist aber, dass die Obergrenzen bei Minijobbern (bis 9/2022 450,00 € im Monat, bis 12/2023 520 € monatlich, ab 2024 538 € monatlich) nicht durch die Sonderzahlung überschritten werden. Dabei unterscheidet man zwischen unvorhersehbaren und vorhersehbaren Fällen.
Was ist ein unvorhersehbarer Fall der Überschreitung der Minijob- Monatsgrenze bei Minijobbern (Aushilfen, geringfügig Beschäftigten)?
Unvorhersehbar ist zum Beispiel, wenn ein Minijobber einen Monat eine Krankvertretung für einen anderen Mitarbeiter übernehmen muss und deshalb unvorhersehbar für einen Monat statt 538 € z.B. 900 € oder 1.000 € verdient. Dann verliert er dadurch nicht den Status eines Minijobbers. Man kann die Überschreitung der Obergrenze aus unvorhersehbaren Gründen bis zu 2 Monate im einem Jahr überschreiten.
Was ist ein vorhersehbarer Fall der Überschreitung der Minijob Monatsgrenze (538 €) bei geringfügig Beschäftigten (Aushilfen, Minijobbern)?
Wenn es vorhersehbar ist, schon von Anfang an im Arbeitsvertrag stand oder durch den Verweis auf den Tarifvertrag die Sonderzahlung schon von Anfang an bekannt war, das sie zu leisten ist und damit die Minijob Grenze (bis 9/2022 450,00 € im Monat, bis 12/2023 520 € monatlich, ab 2024 538 € monatlich) überschritten wird, dann verliert der Minijobber den Status des Minijobs. Er ist dann sofort sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. Der Arbeitnehmer wird dann nicht über die Minijobzentrale, sondern über die Krankenkasse angemeldet. Das sind wesentliche zu beachtende Unterschiede.
Gibt es in den Tarifverträgen für Mitarbeiter/Innen von Apotheken, Ärzten und Zahnärzten Regelungen zur Sonderzahlung?
In allen genannten möglichen Tarifverträgen gibt es Regelungen zu Sonderzahlungen. Wobei die Zahnmedizin, also die Zahnärzte einen Sonderstatus haben. Es gibt nicht einen bundesweiten einheitlichen Tarifvertrag, sondern nur in einigen Bundesländern. Das Wesentliche ist, das in allen diesen genannten Tarifverträgen es zurzeit eine Sonderzahlung als sogenanntes Weihnachtsgeld bzw. 13. Monatsgehalt gibt. Aber es gibt keine einheitliche Regelung.
Welche Sonderzahlung gibt es bei den Apotheken und Ärzten?
Bei den Apotheken ist im Tarifvertrag vorgesehen, dass das 13. Monatsgehalt zu 100 % des tariflichen Monatsgehaltes gezahlt wird. Bei der Humanmedizin, den Ärzten, ist es abgestuft, beginnend mit 50 % bis 65 %, in Abhängigkeit zur Betriebszugehörigkeit. Es gilt noch Abstufungen zu beachten, dass man erst ab dem 6. Jahr, Monat der Beschäftigung einen solchen Anspruch hat oder Auszubildende nach 3 Monaten.
Häufig wird von unseren Mandanten auch gefragt, können Sonderzahlungen zurückgefordert oder einbehalten werden bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses?
Diese Möglichkeit gibt es, wobei zu unterscheiden ist:
Ist die Sonderzahlung eine tarifvertragliche oder ist die Rückzahlung eine arbeitsvertragliche mit einem sogenannten Rückzahlungsvorbehalt und was genau wurde vereinbart. Da ist immer der Einzelfall zu berücksichtigen und es gibt keine pauschale Antwort.
Können Sie uns ein Beispiel für einen Fall der Rückzahlung der Sonderzahlung geben?
Ob nach einem Ausscheiden das 13. Monatsgehalt, sogenanntes Weihnachtsgeld, zurückgezahlt werden muss, richtet sich nach den Charakter der Sonderzahlung. Entscheidend ist, was der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung als Zweck verbunden hat. Hatte die Sonderzahlung Entgeltcharakter, muss sie nicht zurückgezahlt werden. Das Entgelt hat der Arbeitgeber in diesem Fall für die Arbeit im abgelaufenen Jahr gezahlt.
Was ist mit der Rückforderung der Sonderzahlung, wenn diese für Betriebstreue gezahlt wurde?
Dann ist es üblich, auch in Tarifverträgen, dass ein Rückzahlungsvorbehalt enthalten ist. In Tarifverträgen ist hierzu überwiegend geregelt, dass man bis zum 31. März des Folgejahres verpflichtet ist, Rückzahlungen zu leisten, wenn man diese Betriebstreue durch Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht einhält. Wenn die Tarifverträge keine Anwendung finden, sind die arbeitsvertraglichen Regelungen zwischen den Vertragsparteien zu berücksichtigen.
Wie sieht es mit der Rückforderung der Sonderzahlung bei einem arbeitsvertraglichen Rückforderungsvorbehalt aus?
Bei dem arbeitsvertraglichen Rückzahlungsvorbehalt hängt es vom Einzelfall ab, wie die Klausel formuliert ist. Ist sie auch so formuliert, dass der Mitarbeiter den Rückforderungsvorbehalt erkennen konnte. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hat sich häufig schon mit diesem Problem auseinandergesetzt und eine Vielzahl von Einzelentscheidungen hierzu getroffen. Wenn es um die Frage geht, kann man eine Mitarbeiterrückzahlung, von einen letzten Lohn abziehen oder kann sie zurückgefordert werden, sollte man sich professionell beraten lassen, weil der Einzelfall entscheidend ist.
Gibt es schon Einstufungen zur Rückzahlung von Sonderzahlungen, die nicht zurückzuzahlen sind, z.B. Bagatellfälle oder grobe Faustformeln?
Durch die Rechtsprechung wurde bereits entschieden, das Weihnachtsgeld von weniger als 100 € in keinem Fall zurückgefordert werden kann. Bei Weihnachtsgeld von mehr als 100 €, aber unter einem Monatsgehalt ist eine Rückzahlung möglich. Aber auch da kommt es auf die Details an. Bei einem Weihnachtsgeld von mehr als einem Monatsgehalt kann man sogar noch über die Rückforderungsgrenze des 31.03. des Folgejahres hinausgehen. Aber auch hier ist wieder zu berücksichtigen, dass der Einzelfall zu betrachten ist.
Teil III des Interviews zu Sonderzahlungen: Vorteile, Kostenersparnis und einfache Möglichkeiten der Nettolohnoptimierung der Sonderzahlung mit Rechtsanwalt Ralph Leibecke (mehr Netto vom Brutto)
Aufgrund der Länge des Interviews mit Herrn Leibecke (Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht) haben wir uns entschlossen den Beitrag aufzuteilen. Hören/Lesen Sie daher auch gern in die nächste Folge zur Sonderzahlung rein.
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